SENDETERMIN Do, 6.6.2019 | 22:00 Uhr | SWR Fernsehen
Suchttherapie Alkoholsucht abtrainieren mit Neurofeedback
Alkohol ist Volksdroge Nummer 1. Knapp zwei Millionen Deutsche gelten als abhängig. Forscher am ZI Mannheim testen Neurofeedback als Entwöhnungs-Training. Mit Erfolg.
Durchschnittlich trinkt jeder Deutsche 131 Liter Alkohol pro Jahr. Neben den knapp zwei Millionen Alkoholabhängigen trinken noch einmal so viele zumindest regelmäßig. Doch warum werden Menschen süchtig?
Laut Rainer Spannagel, Gehirnforscher am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, spielt das Belohnungssystem dabei eine wichtige Rolle. Dieses System werde vom Alkohol „gekidnappt“ und übernimmt die Kontrolle.
Die Kontrolle zurück gewinnen
Das Gehirn wieder umprogrammieren möchte Spannagels Kollege, der Suchtforscher Peter Kirsch. Er entwickelt eine Art Gehirntraining, das Alkoholsüchtige dazu bringen soll, aus dem Teufelskreis auszubrechen. Die Methode nennt sich Neurofeedback. Dafür müssen Probanden in den Magnetresonanztomografen, (MRT) ihr Gehirn wird bei der Aktion gescannt. Sie bekommen Alkohol-Bilder gezeigt und sollen die Lust darauf per Gedankenkraft überwinden.
Lust regulieren
Das heißt, die Probanden bekommen durch das Bild Lust auf das gezeigte Getränk. Diese Lust wird aus dem Belohnungssystem ihres eigenen Gehirns durch ein Thermometer auf dem Bild zurückgemeldet. Solange das Bedürfnis nach Alkohol groß ist, ist das Thermometer rot. Die Aufgabe ist es dann, die Lust, also die Aktivität im Belohnungssystem, herunter zu regulieren. Dann wird das Thermometer blau.
Erste Erfolge
Was dabei im Gehirn passiert, muss noch genau erforscht werden. Doch die Methode scheint zu funktionieren. Patienten sagen, sie gewinnen die Kontrolle zurück. Eine erste randomisierte Untersuchung mit wenigen Probanden ergab, dass diese im Anschluss weniger Verlangen nach Alkohol hatten als die Kontrollgruppe. Nun führt Kirsch eine große Studie mit über 100 alkoholabhängigen Patienten durch.
Schwarz auf Weiß
Der Erfolg basiert laut Peter Kirsch auf der sichtbaren Erfahrung. Der Patient sieht demnach Schwarz auf Weiß: „Ich kann diese Kontrolle zurückgewinnen. Ich kann Kontrolle über mein Suchtverhalten und damit auch über mein Leben zurückgewinnen“. Dies sei laut Kirsch mit der wichtigste Aspekt bei einer erfolgreichen Suchtbehandlung.
Gehirnschäden bleiben
Dass nachhaltige Therapien zum Alkoholentzug notwendig sind, zeigt eine weitere Studie vom ZI Mannheim. Bisher gingen Wissenschaftler von einer schnellen Regeneration des Gehirns aus. Demgegenüber stellten die Wissenschaftler fest, dass Alkohol über lange Zeit zerstörte Nervenbahnen im Gehirn hinterlässt.
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Alkohol - die legale Droge -Broschüre
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