Chefin im Dönerladen – Filiz behauptet sich in Männerdomäne

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AUTOR/IN
Leonie Maderstein

Heute stehen Frauen nicht am Herd, sondern am Dönerspieß. Und schmeißen gleich den ganzen Laden. Zumindest ist das bei Filiz aus Stuttgart so.

Dort wo ich mich bewegt habe, gab es keine Türkinnen oder Ausländerinnen. In diesen ganzen Frauennetzwerken waren es einfach nur viele deutsche Frauen.

Ützel Brützel in Stuttgart - Einmal Chefin mit allem, bitte!   

Wer zu Filiz in den Laden kommt, geht garantiert satt wieder raus.  “Ich verkaufe Döner, aber ich bin Unternehmerin”, sagt Filiz selbst über sich. Das klarzustellen ist ihr wichtig. Sie ist seit drei Jahren die Chefin des Dönerladens Ützel Brützel in Stuttgart.   

Ursprünglich haben das meine Eltern gemacht, die haben es mir dann übertragen. Sie sind am Anfang auch Gastarbeiter gewesen und haben in verschiedenen Fabriken gearbeitet.  Dann hatten ihre Eltern die Chance, einen eigenen Laden zu eröffnen – und sind schließlich im Herzen Stuttgarts gelandet.   

 Als Frau einen Dönerladen schmeißen?   

Manchmal sei für Filiz es gar nicht so einfach sich zu behaupten, denn “irgendwann versuchen meine Mitarbeiter schon auch mit mir zu konkurrieren, aber das wird erst einmal nicht erlaubt. Sie müssen lernen, dass einfach auch mal Frauen führen.”   

Mit ihren Mitarbeitenden, die unter anderem aus Pakistan oder dem Irak kommen, spricht Filiz Deutsch. “Damit sie die Sprache auch lernen. Und ich habe schon den Eindruck, dass der eine oder andere schon besser Deutsch spricht.”   

Ihr Ziele: Mehr Frauen mit Migrationshintergrund fördern, weniger Rassismus  

Filiz ist nicht nur Chefin eines Dönerladens und ausgebildete Groß- und Außenhandelskauffrau, sondern hat auch eine Ausbildung zur Verhaltenstherapeutin:   

Mein Ziel war es eigentlich, mehr Frauen mit Migrationshintergrund zu coachen, die mit solchen Klischees leben oder unter Mobbing leiden, Frauen, die mit Vorurteilen zu kämpfen haben, weil sie Ayşe, Fatma oder Özgür heißen.  

Filiz’ Wunsch: Rassismus abbauen. Sie hofft, dass Menschen nicht weiter aufgrund ihres Namens in eine Schublade gesteckt werden.   

Du willst mehr von Filiz und anderen starken Frauen mit türkischen oder kurdischen Wurzeln sehen? Dann schau dir das Format Naber? Was geht! an.

Mehr Heimat

Cat Calls of Mainz

Es dauerte keine fünf Minuten – Nachdem wir die ‚Aufsager‘ für den Anfang des Films aufgezeichnet haben, laufen wir zusammen mit Hannah, Lea, Isabelle und Melina von "Cat Calls of Mainz" zum Mainzer Hauptbahnhof. Das erste was passiert: Die vier werden sexuell belästigt und einer der „Heimat“-Autoren wird zum Chef der Gruppe erklärt, weil er ein Mann ist. Während der Dreharbeiten kam es zu zwei weiteren Belästigungen. Hannah, Lea, Isabelle und Melina sind Studentinnen aus Mainz, die das Projekt „Cat Calls of Mainz“ rund um den Weltfrauentag 2020 gestartet haben. Angelehnt an zahlreiche andere Cat-Calls-Projekte in der ganzen Welt: „Wir haben uns das erst eigentlich nur für eine Woche vorgenommen – Nachrichten zu empfangen und kreiden zu gehen. Dann war die Woche vorbei und wir haben gemerkt: Wow, das findet jetzt schon viel Resonanz. Dann gab es für uns keinen Grund aufzuhören.“ Kreiden gehen bedeutet, sie schreiben mit Kreide sogenannte „Cat Calls“, also in der Regel verbale sexuelle Belästigungen, mit Kreide auf die Straße. Alles Belästigungen, die jemand erlebt und ihnen auf ihrem Instagram-Kanal zugeschickt hat. „So werden Leute mit dieser sexistischen Problematik konfrontiert, die sonst das Privileg haben, damit nicht in Berührung zu kommen.“ Das sei ihnen super wichtig, sagt Lea, eine der Mitinitiatorinnen der Gruppe. Aber es geht ihnen vor allem um die Opfer. „Dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich diesen Raum zurückzuerobern, in dem ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Man hat so ein starkes Ohnmachtsgefühl, wenn man das im Alltag ständig erleben muss.“ So möchten sie etwas in der Gesellschaft verändern und für das Thema sensibilisieren.

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Leonie Maderstein