Ercan fährt nachts im Taxi durch Stuttgart

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Ercan arbeitet vorwiegend nachts als Taxifahrer in Stuttgart. Er hört gerne den Menschen zu, die zu ihm ins Taxi steigen. Und die haben oft einiges zu erzählen.

„Toleranz ist das Wichtigste.“

Ercan fährt seit über 30 Jahren – erst Lkw, dann Busse und seit zehn Jahren Taxi. Bei Nacht. In Stuttgart. Keine leichte Aufgabe, denn es hat sich in den letzten Jahren viel geändert: Die Kunden werden unhöflicher, aggressiver, der Verkehr wird langsam katastrophal, die Stadt scheint manchmal nur aus Baustellen zu bestehen. Trotzdem liebt er seinen Beruf, weil er gerne mit Menschen in Kontakt kommt.

Stets ein offenes Ohr

„Ich habe mal einen jungen Mann gefahren, der weinte einfach nur. Und als ich fragte, warum, ob vielleicht jemand gestorben sei, sagte er mir, er weint, weil sich in seiner Heimat (Syrien) die Menschen einfach umbringen. Ich habe ihm sicher eine Stunde lang zugehört, dann ging es ihm besser. Aber als er mich bezahlen wollte, habe ich ihm gesagt, ich möchte kein Geld von ihm, denn ich habe viel von ihm erfahren und gelernt. Und dafür kann ich kein Geld nehmen.”

Glaube ist für alle da

Der gläubige Alevit und Kurde teilt nicht nur bei der Arbeit gerne seine Gedanken zu Religion und Toleranz: „Es gibt über 500 verschiedene kleine Glaubensrichtungen auf der Welt. Jeder Mensch glaubt an etwas. An Gott, an Mohammed, manche an Bäume, oder an Sterne – ganz egal. Jeder darf glauben, woran er mag. Aber sobald sich eine Religion mit ihren Regeln über den Glauben setzt, wird es wie eine Regierung. Und dann geht es nur noch um Macht. Die, die die Regeln machen, wollen immer oben bleiben.”

Kreativität zum Ausgleich

Manchmal vertreibt sich Ercan seine philosophischen Gedanken mit der Saz, einem türkischen Saiteninstrument. Oder er fasst seine Gedanken in Gedichte.

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SWR