Barber Angels: Wie ein Haarschnitt ein Leben verändern kann

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Stefanie Molitor
Stefanie Molitor (Foto: SWR)
Nils Keilmann
Nils Keilmann (Foto: SWR)

Zum Friseur gehen – das war für Steffen aus Stuttgart jahrzehntelang nicht drin. Doch Dank der „Barber Angels“ erfährt er, wie viel ein professioneller Haarschnitt eigentlich ausmacht.

„Früher hat man gesagt: Kleider machen Leute. Heute kann man anziehen, was man möchte, aber die Frisur ist immer noch das Markenzeichen einer Persönlichkeit.“

Steffen lässt sich zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder professionell die Haare schneiden. Er ist dafür zu den „Barber Angels“ gekommen – einem Friseurclub, der Bedürftigen kostenlos und ehrenamtlich die Haare schneidet.

Steffen rutschte in die Pleite

Wegen seiner Ex-Frau ist Steffen 1991 nach Brasilien ausgewandert und hat dort neun Jahre in einem eigenen Haus gelebt. „Vorher habe ich acht Jahre bei einem Automobilhersteller gearbeitet und als ich zurückkam, hat man mir gesagt, dass die Ansprüche auf Arbeitslosengeld verwirkt seien. Ich war pleite, hatte nur ein Zelt, ein Schlafsack und ein Fahrrad.“ Weil Steffen Schwierigkeiten hatte, einen Schlafplatz zu finden, haben ihm Bekannte geraten: Geh nach Skandinavien, da kann man überall zelten.

„Ich bin bis zum Nordkap gefahren, über den Winter nach Spanien und Portugal. So bin ich in diese Freiheit reingerutscht. Ich fühle mich eher als Aussteiger.“

Wenig Geld

Seit 2007 bekommt Steffen eine Art Opferrente: „Als Ostdeutscher wollte ich mir 1982 die Grenze nach Ungarn ‚anschauen‘. Aber ich wurde verhaftet, habe 14 Monate Gefängnis dafür bekommen und ein Jahr in Bitterfeld abgesessen. Jetzt kriege 300 Euro im Monat. Da komme ich eigentlich ganz gut hin. Aber ich komme langsam in das Alter, wo dieses Leben nicht mehr so lustig ist. Wo man Probleme bekommt, weil man zum Beispiel krank wird. Das hatte ich glücklicherweise bisher noch nicht, aber auch für ein Krankenhaus und Krankenversicherungen ist das Aussehen entscheidend. Ein ordentlicher Haarschnitt führt dazu, dass man in der Gesellschaft ernst genommen und akzeptiert wird. Er ist fast überlebenswichtig.“

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