Musiktherapeut auf der Covid-Intensivstation – ein Stück Normalität in der Ausnahmesituation

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Michèle Kraft
Michèle Kraft (Foto: SWR)
AUTOR/IN
Svenja Kaiser

„Die Allermeisten nutzen die Musik als Erlaubnis, um auch Gefühle auszudrücken. Sein es trauernde, aggressive oder freudige Gefühle.“

Durch die Musik öffnet Matthias aus Ludwigshafen die Herzen der Patienten auf der Covid-Intensivstation am Vincentius-Krankenhaus in Speyer. „Meine Erfahrung ist, dass die Türen eher aufgehen, wenn ich ein Musikinstrument dabei habe und mich als Musiker oder Musiktherapeut ankündige, und dass ich den Leuten erst einmal die Angst nehme, dass sie irgendwas leisten, abliefern oder mitmachen müssen.“ Seit 2014 ist der Sänger, Tänzer und Theaterschauspieler als Musiktherapeut tätig. Der therapeutische Aspekt der Musik wurde ihm aber schon früher bewusst.

„Musik ist Leben. Das Leben wäre ohne Musik nichts. Es gibt allen Gefühlen einen Raum, um da zu sein. Verrückte Zustände bis Banalitäten können in Musik würdevoll ausgedrückt werden.“

Auf der Intensivstation werden die so genannten Weaning-Patienten von der Beatmungsmaschine entwöhnt. Ein langer und stressiger Weg. Die Musiktherapie von Matthias bildet ein Kontrastprogramm zu den akustischen Reizen, denen die Menschen durch die Intensivmedizin dauerhaft ausgesetzt sind. Beim ersten Kontakt versucht er herauszufinden, ob die Patienten auf seine Anwesenheit positiv oder negativ reagieren. „Ich bin angewiesen auf die gute Beziehung zu den Menschen.“ Nur so gibt es einen Effekt auf die Kranken und die Heilungschancen können gesteigert werden. Ob jemand mitsingt, ein Instrument spielt oder einfach nur zuhört, bleibt jedem selbst überlassen. Die Hälfte der Patienten versucht auch mitzusingen. „Als Jugendlicher habe ich mich viel mit dem Tod beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass das Leben von der Perspektive des Todes aus betrachtet unglaublich wertvoll ist. Denn nur mit der Endlichkeit bekommt jeder Moment, den ich in meinem Leben erlebe, eine Einzigartigkeit, die unvergleichlich ist.“

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