Friedel wollte ihn schon immer: den Doktortitel. Aber er hatte nie die Zeit dafür – bis zu seinem 80. Lebensjahr. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er die Entscheidung getroffen hatte: Wenn promovieren, dann jetzt. Als ehemaliger Gymnasiallehrer im Fach Deutsch hat ihn schon lange eine Frage beschäftigt: Können Schülerinnen und Schüler mit anspruchsvoller Literatur heutzutage weniger anfangen als zu seiner Schulzeit? Und mit genau diesem Thema hat er sich in seiner Studie auseinandergesetzt.
Während der drei Jahre, in denen Friedel seine Dissertation geschrieben hat, kämpfte er mit gesundheitlichen Problemen. Er musste seine Augen operieren lassen. Aus Angst durch die OP könnte er sein Augenlicht komplett verlieren, hat er sich vorbereitet: Alles, was es für die Arbeit zu lesen gab, musste vor der OP erledigt werden. Denn möglicherweise würde er danach überhaupt nicht mehr lesen können. Doch die OP verlief erfolgreich.
Als die Studie ausgewertet war und es an den schriftlichen Part ging, ist Friedel kreativ geworden. Denn mit dem Computer zu arbeiten, fiel im schwer. Stattdessen hat er sich ein Diktiergerät geschnappt. Wort für Wort hat er die Arbeit diktiert und im Anschluss verschriftlichen lassen. Beim Ausbessern kleinerer Fehler hat seine Frau ihn unterstützt.
Sein Umfeld hat ihn oft für verrückt gehalten. Immer wieder wurde er gefragt, was er von all der Arbeit hat. Mittlerweile haben ihm aber alle gratuliert und freuen sich mit ihm. Nach jahrelanger Arbeit ist Friedel stolz, endlich den Doktortitel tragen zu können.
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