Intensiv-Pfleger Andreas kümmert sich um seinen besten Freund Jan

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AUTOR/IN
Alina Braun
ONLINEFASSUNG
Florentine Fendrich

Andreas ist Intensiv-Pfleger. Als sein bester Freund nach einer Infektion mit dem Rattenbiss-Fieber querschnittgelähmt ist, nimmt ihn das sehr mit. Die Freundschaft wird durch die Erkrankung intensiver.

Junger Mann sitzt im Garten (Foto: SWR)
„Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel geheult wie im letzten Jahr. Das ist mir schon extrem nahegegangen.“ Andreas, 58, Intensiv-Pfleger
Älterer Mann schiebt jungen Mann im Rollstuhl (Foto: SWR)
Jan ist durch eine Infektion zum Pflegefall geworden. Das ist auch für seinen besten Freund Andreas eine große Umstellung. „Die Verantwortung, die ich für Jan hab, die ich mir selbst auflege – die ist unmessbar gestiegen.“
Älterer Mann begrüßt jungen Mann im Rollstuhl, sitzt mit ihm im Garten (Foto: SWR)
„Sein Körper ist ja zumindest mental abgetrennt vom Kopf. Also hab ich mir überlegt, wo spürt er noch was? Und das ist im Gesicht- und Stirnbereich und so kam ich halt auf die Idee, einfach was neu zu machen. Ich lege meine Stirn auf seine, um zu zeigen: Ich bin da.“
Foto von jungem Mann und älterem Mann vor der Infektion (Foto: SWR)
„Unser derber Humor hat sich natürlich noch verschärft – wie soll man sonst damit umgehen? Wenn ich der Pflegekraft helfe, die grad bei Jan ist, dann sage ich: Jetzt lass dich nicht so hängen. Oder ich sag: Ich komm morgen vorbei, du läufst mir ja nicht mehr weg.“

Andreas begrüßt seinen besten Freund Jan, indem er seine Stirn auf seine legt. „Jan spürt ja nichts. Sein Körper ist zumindest mental abgetrennt vom Kopf. Und ich bin es ja gewohnt von der Intensivpflege Körperkontakt aufzunehmen, indem man mal eine Hand auf die Schulter legt oder so was. Also habe ich mir überlegt, wo spürt er noch was? Und das ist im Gesicht- und Stirnbereich.“

Infektion mit dem Rattenbiss-Fieber führt zur Lähmung

Nachdem Jan sich im Juni 2021 mit dem Rattenbiss-Fieber infiziert hat, sitzt er im Rollstuhl und muss beatmet werden. Andreas geht seine Diagnose besonders nah. Als Intensivpfleger kann er die vielen Schicksale seiner Fälle normalerweise ausblenden, sobald er daheim ist. Bei seinem besten Freund aber ist das anders.

Er liegt nachts wach und überlegt, ob man etwas hätte anders machen können. „Als ich dann das erste Mal die MRT-Bilder gesehen habe mit zerstörtem Nervengewebe – da ist mir so richtig bewusst geworden: Das wird jetzt nicht mehr besser. Da fällt mir nur ein Wort zu ein: Übel. Das war echt schwierig.“

Schickssalsschlag hat Freundschaft gestärkt

Die Freundschaft zwischen den beiden sei auf eine mentale Ebene gerückt, sagt Andreas. Sie reden mehr und haben häufiger Kontakt. „Da wird einem bewusst, dass im Leben alles auf Messers Schneide steht.“

„Unser derber Humor hat sich noch verschärft – wie soll man sonst damit umgehen? Wenn ich der Pflegekraft helfe, die grad beim Jan ist, dann sage ich: ‚Jetzt lass dich nicht so hängen‘ oder ich sage: ‚Ich komme morgen vorbei, aber du läufst mir ja nicht mehr weg.‘“

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