Die Briten mal wieder. Sie trotzen dem Trend: Statt gepflegt auszusterben wie der Rest der Welt setzte ihr Prinzenpaar jüngst ein Söhnchen in die Welt. Glückwunsch, wir wünschen ein langes Leben. Aber zurück zum Aussterben. Das läuft ja im großen Stil, haben wir dieser Tage vom Weltrat für biologische Vielfalt lernen können. Jede zehnte Art ist weltweit betroffen, hieß es. Also, möchte man Meghan und Harry raten: schnappt euer neues Söhnchen und besucht die Hotspots der Vielfalt solange es sie noch gibt. Die Savannen, die Regenwälder, vor allem die Korallenriffe. Denn deren Ende ist absehbar. Oder glauben Sie im Ernst, dass aus dem Bericht des Weltrats für biologische Vielfalt ernsthafte Konsequenzen gezogen werden?
Ich hege Zweifel, dass der Pariser Bericht außer einigen Nachfolgekonferenzen und viel Papier viel bewirkt. Sechs Szenarien haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich jeweils die Artenvielfalt bis und nach 2050 weiter entwickeln könnte und was kam raus? Nur wenn wir rabiat umsteuern und künftig nachhaltig wirtschaften hat die Vielfalt eine Chance.
Rabiat umsteuern also. Womöglich Automobilkonzerne verstaatlichen, was? Diese Debatte hatten wir doch grad schon und wer sich hierzulande zum Thema Gerechtigkeit und Kapitalismuskritik öffentlich auch nur drei Gedanken macht, wird von den flinken Haubitzen der neoliberalen Wirtschaftspresse sofort niederkartätscht. Dabei hat das mit Artensterben eine Menge zu tun. Riesige Mengen Kapital vagabundieren auf unseren Planeten auf der Suche nach Rendite. Hoch und kurzfristig muss sie sein. Von nachhaltig und grün steht in den selbst gesetzten Spielregeln der Superreichen nichts.
Gegen die Kräfte, die dieses entfesselte Kapital global immer stärker entfaltet, ist jedes nett gemeinte Artenhilfsprojekt für Menschenaffen, das die G7 vor dem Hintergrund des Pariser Berichts verabschiedeten, nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn da wird nur an Symptomen rumgedoktert, während die Zerstörung im großen Maßstab weitergeht. Jeder Dollar, der auf diesem Planeten verdient werden kann, wird verdient und das sofort.
Ändern lässt sich das nur, wenn global deutlich wird: Reichtum lässt sich nicht mit ins Grab nehmen, wofür also anhäufen? Jenseits der Existenzsicherung: was ist wirklich wichtig? Soziale Beziehungen, Freundschaft, Glück? Hier müssen wir ansetzen: an den Motivationen für Raubbau, Übernutzung, Ausbeutung, den Wunsch nach schnellem Geld. Hinter jeder gelebter Gier steckt ein Stück gespürte innere Leere: der verzweifelte Versuch, die eigene Endlichkeit zu übertünchen – was nicht wirklich funktioniert.
Nein, das ist kein Wort zum Sonntag. Die Lehre aus dem Pariser Bericht des Weltrats für biologische Vielfalt könnte nur einfach sein, dass wir es mal anders probieren als nur mit immer neuen schönen Projekten im Artenschutz, die das dahinter liegende Problem nicht mal notdürftig übertünchen können. Für einen effektiven Naturschutz müssen wir einerseits die entfesselten Kapitalströme in den Griff kriegen, die soziale Frage weltweit stellen und wir könnten eine neue UN-Konvention gebrauchen: eine diesmal zum Thema „Wie werde ich glücklich?“.
schreibt am 8. Mai 2019 09:26 :
schreibt am 23. Mai 2019 09:53 :
schreibt am 4. Juli 2019 09:55 :