Es könnte eine neue Wendung im Fall des Heilbronner Polizistenmordes sein: Bei einer Hausdurchsuchung bei dem Neonazi und früheren V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Tino Brandt fanden Ermittler Ende März Hinweise auf ein Haus in Hardthausen am Kocher, nur etwa 15 Kilometer Luftlinie vom Tatort auf der Heilbronner Theresienwiese entfernt. Recherchen, die ich zusammen mit den Kollegen Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia (beide MDR Thüringen) gemacht habe, ergaben, dass dieses Haus in der Zeit von 2004 bis 2008 dem früheren V-Mann Brandt gehörte. Zufall? Diese Frage beschäftigt nun auch BKA und Bundesanwaltschaft.
Brandt hatte das Haus bei einer Zwangsversteigerung erworben und wurde im Grundbuch eingetragen. 2008 verkaufte er das Haus weiter, vermutlich hat er selbst nie dort gewohnt. Was aber war mit dem Haus im April 2007, als die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter erschossen und ihr Kollege Martin A schwer verletzt wurde?
Dafür interessiert sich nun auch das Bundeskriminalamt. Ende Mai sprach eine Beamtin im Grundbuchamt vor und verlangte Kopien für die Ermittlungen gegen die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU).
Auf Anfrage wollte der Generalbundesanwalt, der die Ermittlungen leitet, dazu keine Stellung nehmen. Die Ermittlungen wären noch nicht abgeschlossen, hieß es. Ausdrücklich erklärte die Bundesanwaltschaft aber, dass es bei den Ermittlungen auch um die Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter und den Mordversuch an ihrem Kollegen Martin A. gehe.
Der heutige Eigentümer des Hauses in Hardthausen kann sich den Vorgang nicht erklären. Er hat das Haus 2008 von Tino Brandt über einen Makler gekauft, Brandt aber nie selbst gesehen, sagt er. Tatsächlich geht aus dem Grundbuch hervor, dass sich Brandt sowohl beim Kauf, als auch beim Verkauf vertreten ließ – ein nicht gerade üblicher Vorgang bei Privathäusern. Vermutlich stand das Haus im April 2007 leer, sagt der heutige Eigentümer. Ist alles also nur ein weiterer kurioser Zufall in der rätselhaften Mordserie?
Auch um Tino Brandt gibt es viele Spekulationen. Klar ist, dass er als aktiver Neonazi Ende der 1990er Jahre für den Verfassungsschutz Thüringens spionieren sollte und dafür bis zu 200.000 Mark bekommen haben soll. In Thüringen wird zudem wegen Betrugs gegen ihn ermittelt. Immer wieder wurde vermutet, er könne länger als bislang bekannt für den Verfassungsschutz gearbeitet haben.
Eine Erklärung, was er mit einem Haus im Kreis Heilbronn wollte – und woher das Geld dafür stammte, war heute von Tino Brandt nicht zu erhalten. Klarheit könnten die BKA-Ermittlungen bringen. Schmunzeln musste ich übrigens, als ich bei den Recherchen auf eine Kopie des Dienstausweises der ermittelnden BKA-Kommissarin stiess: Es ist dieselbe erfahrene Kriminaloberkommissarin, die 2009 auch die Hausdurchsuchung bei Verena Becker in Berlin durchführte.
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