War es ein Geständnis? Hat Stefan Wiesniewski doch sein Schweigen gebrochen – aber es hat zunächst niemand gemerkt? Oder war es einfach nur eine zynische Geste gegenüber dem Staat und den Opfern?
Wie ich hier berichtet habe, trug Ex-RAF-Terrorist Stefan Wisniewski am Donnerstag einen Kapuzenpulli, der auf polnisch die Aufforderung enthielt, man möge der „Spur 8179469“ folgen. Fragen beantwortete Wisniewski dazu nicht – doch ich konnte die Bedeutung auch so entschlüsseln:
Es ist die NSDAP-Mitgliedsnummer von Siegfried Buback. 1940 trat der damals 20jährige Student der Partei bei, ein Jahr vor seinem ersten Examen. Seine Mitgliedschaft in der NSDAP war wohl kein Geheimnis, er hat sie offenbar auch bei der Übernahme in die Bundesjustiz 1963 angegeben. Doch öffentlich diskutiert wurde sie bislang nicht. Und auch in den üblichen Biographien von Buback fehlt ein Hinweis auf seine Parteizugehörigkeit. Öffentlich zugänglich dürfte die Karteikarte seit April 2007 sein – gemäß Bundesarchivgesetz 30 Jahre nach dem Tod des Betroffenen.
Der renommierte Rechtshistoriker Uwe Wesel, der häufig deutliche Worte für die Vestrickung von NS-Funktionären und der Justiz der Bundesrepublik fand, bleibt trotzdem gelassen. Er sei überrascht, sagte er mir, denn er habe nicht von der Mitgliedschaft gewusst. Doch Buback sei zu jung gewesen, als dass er darin einen Skandal sehen könne. Und zudem noch kein Staatsanwalt oder Richter gewesen. Sein Zweites Examen machte Buback 1950 – nachdem er 1947 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden war
Was also will Stefan Wiesniewski uns sagen? Seine Anwältin Edith Lunnebach, die das Interesse von uns Journalisten an der Aufschrift am vergangenen Donnerstag noch sehr lustig fand, gibt sich heute wortkarg. Ihr Mandant kommentiere die Aufschrift nicht, ihre eigene Meinung tue nichts zur Sache. So bleibt offen, warum Wisniewski eine Tatsache thematisiert, die die Mörder Bubacks bei der Begehung der Tat nicht gekannt haben dürften. Ist er froh, dass es nachträglich noch etwas gibt, womit er glaubt die Tat rechtfertigen zu können? Warum kommt die Botschaft ausgerechnet von ihm, der von Peter-Jürgen Boock – und wohl auch von Verena Becker als Schütze genannt wurde?
Einzig die Verwendung des Polnischen scheint erklärbar: Wisniewskis Vater Stanislaw wurde zu NS-Zwangsarbeit herangezogen und starb in jungen Jahren 1953. Ein Schicksal, dass Stefan Wisniewski bereits früher thematisiert hat.
Doch die zynische Geste Wisniewskis an die Opfer am vergangenen Donnerstag vermag auch das nicht zu erklären.
Was also passiert wirklich, wenn man der Spur 8179469 folgt?
Nachtrag:
Michael Buback hat am Abend folgende Stellungnahme übermittelt:
„Erklärung zu Siegfried Buback
Mit Erstaunen und Befremden nehme ich zur Kenntnis, dass eine bereits vor einigen Jahren im „Spiegel“ erwähnte NSDAP-Zugehörigkeit meines Vaters in Zusammenhang mit dem Stuttgarter Prozess gegen Verena Becker gebracht wird. Der Bruder meines Vaters und meine Mutter schließen eine Nähe meines Vaters zum Nationalsozialismus aus. Mir ist heute auf meine Nachfrage bekannt geworden, dass meinem Vater im Jahr 1943, als er Soldat in Frankreich war, mitgeteilt wurde, er sei zum 1. Juli 1940 in die NSDAP übernommen worden. Nach der Gefangenschaft hat mein Vater im Jahr 1947 seinen juristischen Vorbereitungsdienst begonnen und seine Berufsausbildung 1950 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen abgeschlossen. „
schreibt am 15. März 2011 13:57 :
schreibt am 15. März 2011 15:07 :
schreibt am 15. März 2011 17:27 :
schreibt am 15. März 2011 17:44 :
schreibt am 16. März 2011 02:56 :
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schreibt am 18. März 2011 15:29 :
schreibt am 22. März 2011 00:37 :
schreibt am 22. März 2011 16:35 :
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schreibt am 29. Dezember 2012 21:44 :
schreibt am 23. Januar 2014 11:57 :
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