Gaffen und Blockieren von Rettungskräften

Und ihr schaut zu?

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AUTOR/IN
Frank Bräutigam

Der SWR-Film "Und ihr schaut zu" dreht sich ums Gaffen und Blockieren von Rettungskräften an einem Unfallort. ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam hat sich den Film angeschaut und ordnet die wichtigsten rechtlichen Fragen ein.

Was macht den Film so spannend?

Es ist eine Mischung aus der Geschichte der verzweifelten Mutter, die urplötzlich ihre Tochter bei einem Unfall verliert, kombiniert sehr aktuellen und interessanten rechtlichen Fragen. Am Anfang lernt man beide kennen. Die Mutter Jenni bringt die Tochter zum Bus Richtung Ulm, da studiert sie nämlich. Die beiden reiben sich, aber die lieben sich, das merkt man. Mia wird dann später von einem Autofahrer, der einen Herzinfarkt am Steuer hat, umgefahren und tödlich verletzt. Schon das ist eine Katastrophe für die Mutter.

SWRHager Moss FilmBernd Schuller (Foto: SWR, SWR/Hager Moss Film/Bernd Schuller)

Auf einmal bekommt sie aber übers Netz mit: Da haben unter anderen zwei Bloggerinnen den Unfallort und die sterbende Mia gefilmt und das hochgeladen. Und sie bekommt außerdem mit: Ein gestresster Manager hat sein Auto am Unfallort so hingestellt, dass der Rettungswagen nicht direkt zu Mia durchkonnte. Und er wollte ihn einfach nicht wegfahren. Diese Begleitumstände, die machen die Mutter wütend. Warum hat da keiner geholfen? fragt sie sich. Und sie beschließt dann: Das Filmen und das Blockieren, das muss Konsequenzen haben. Die Geschichte endet dann auch im Gerichtssaal.

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Nach dem Unfalltod ihrer Tochter an einer belebten Kreuzung ist Jenni im Netz mit Videos von Mias Sterben konfrontiert. Statt zu helfen, schauten die Passanten weg, oder filmten mit ihren Handys und rühmen sich für ihre "krassen" Postings

Filmen an einem Unfallort – was ist genau verboten?

Die beiden Bloggerinnen im Film und noch eine weitere Person haben ein Video gemacht und gepostet, auf dem man Mia schwer verletzt auf der Straße liegen sieht. Man muss wissen: Bilder zu machen, die die „Hilflosigkeit von Personen zur Schau stellen“, ist strafbar. Also sie zu machen, hochzuladen, sie weiterzuleiten, wenn man sie aufs Handy bekommt, oder auch einen Livestream zu machen. Dafür droht laut Gesetz eine Geldstrafe. Im Extremfall oder bei Wiederholungstätern sind bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe möglich. Übrigens: Es gab in diesem Paragrafen bis vor kurzem eine fast absurde Lücke. Das Filmen von verletzten Menschen war strafbar, aber das von toten Menschen nicht. Diese Lücke hat man inzwischen geschlossen.

Video ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam zum rechtlichen Hintergrund

Nach dem Unfalltod ihrer Tochter ist Jenni im Netz mit Videos von Mias Sterben konfrontiert. Welche juristischen Mittel hat sie um sich dagegen zu wehren? Wie stehen ihre Chancen juristisch dagegen vorzugehen? Der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam klärt auf.

Hat die Mutter irgendeine Chance, solche Bilder wieder aus dem Netz zu bekommen?

Theoretisch schon, praktisch ist das oft schwierig. Es gibt für die großen Player im Bereich Social Media ein eigenes Gesetz („Netzwerkdurchsetzungsgesetz“), das sagt: Die Betreiber müssen ein einfaches Verfahren organisieren, über das man rechtswidrige Inhalte möglichst einfach melden kann. Und diese müssen sie dann auch je nach Fall innerhalb von 24 Stunden oder innerhalb von 7 Tagen löschen. Das klappt in der Praxis allerdings nicht immer reibungslos. Und natürlich wissen wir alle: Solche Bilder verselbständigen sich dann im Netz sehr schnell. Sodass es schwierig ist, sie komplett herauszubekommen.

Blockieren des Rettungswagens im Film: Was für Gesetze und Strafen gibt es dazu?

Der Manager im Film blockiert nicht weit entfernt vom Unfallort mit seinem Auto den Rettungswagen. Er fährt einfach nicht weg, auch nicht nach Aufforderung, Das ist strafbar. Es gibt eigene Paragrafen, die das Behindern von Rettungskräften unter Strafe stellen, egal ob es um Profis oder private Ersthelfer geht. Die Strafbarkeit des Behinderns von Rettungskräften ist vor wenigen Jahren noch ausgeweitet worden. Es kommt dafür auch nur auf das Stören an, gar nicht, ob das konkrete Auswirkungen auf das Opfer hatte, also ob man das Opfer Mia noch hätte retten können. Da drohen  in der Regel Geldstrafen, und im Extremfall oder bei Wiederholungstätern sind Freiheitsstrafen bis einem oder sogar bis zu drei Jahren möglich.

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Frank Bräutigam