Scholz bei Besuch der BASF Ludwigshafen mit Brudermüller (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa)

BASF und die China-Reise des Kanzlers

Sollte BASF Ludwigshafen weiter Milliarden in China investieren?

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Birgit Baltes
Foto für Autorenseite (Foto: SWR, Birgit Baltes)

Der Chef des Chemiekonzerns BASF, Martin Brudermüller, begleitet Kanzler Olaf Scholz (SPD) gerade bei seiner Reise nach Peking. Dabei plant BASF weitere Milliarden in China zu investieren. Ist das noch zeitgemäß?

Der Chemiekonzern mit Sitz in Ludwigshafen will nach eigenen Angaben bis 2030 insgesamt zehn Milliarden Euro in seinen neuen, drittgrößten Standort in Südchina investieren - und hält daran fest - trotz der aktuellen weltpolitischen Lage. Reinhard Bütikofer kommt aus Speyer und sitzt für die Grünen im Europaparlament. Er sehe den Aufbau eines zweiten Ludwigshafens in Südchina kritisch, sagte der Europaabgeordnete und Chinaexperte dem SWR. Bütikofer befindet sich gerade bei einem Besuch in Taiwan.

Reinhard Bütikofer, Europa-Abgeordneter der Grünen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Maurizio Gambarini/dpa | Maurizio Gambarini)
Reinhard Bütikofer, Europa-Abgeordneter der Grünen.

Bütikofer aus Speyer: Scholz hätte ohne Wirtschaftsvertreter reisen sollen

Bütikofer ist der Meinung, dass es besser gewesen wäre, Olaf Scholz hätte sich entschieden, ohne Wirtschaftsdelegation zu reisen. "Weil es sieht so aus, als wolle er das, was Merkel jetzt jahrelang gemacht hat, einfach weitermachen, ohne dabei zu berücksichtigen, was doch eigentlich auf der Hand liegt. Nämlich dass China sich fundamental geändert hat unter Staatsoberhaupt Xi Jinping", sagt der Grünen-Politiker. Wenn sich aber die Realität ändere, müsse sich eben auch die Politik ändern.

Martin Brudermüller (Foto: SWR)
BASF-Chef Martin Brudermüller - Bütikofer ist der Auffassung, Scholz wäre besser ohne ihn und andere Wirtschaftsvertreter nach Peking gereist.

"Abhängigkeit von China wesentlich gefährlicher als die von Russland"

Der China-Besuch sei nicht das zentrale Problem, die zentrale Frage sei vielmehr, ob Deutschland noch die Kurve kriege, sich aus der Abhängigkeit von China zu befreien. "Wir haben beim Russland Desaster, der Merkel- und SPD Politik bitter erfahren müssen, dass man dafür bestraft wird, wenn man zulässt, dass man sich von einem autoritären Regime abhängig machen lässt. Die Abhängigkeiten, die wir gegenüber China zulassen, sind wesentlich größer, sind wesentlich gefährlicher."

"Wenn Zeitenwende heißt, wir haben was gelernt am Markt. Warum lernen wir die Lektion jetzt nur mit Blick auf Russland, und nicht auch mit Blick auf China?"

"Chinapolitik der Bundesregierung darf nicht aussehen, als sei jeder die BASF"

Er wisse, dass es bei der BASF um die Milliardeninvestionen in China intern heftige Auseinandersetzungen gegeben, so der Europaabgeordnete und weiter: "Das war nicht jedermann im Aufsichtsrat recht. Am Schluss hat sich Brudermüller durchgesetzt." Ein Insider habe ihm dazu gesagt, selbst wenn das Chinaprojekt scheitern sollte, würde die BASF das überstehen.

Tatsache sei aber auch, dass die BASF ihre Investitionen in China schon langfristig vorbereitet habe. "Dass diese Tatsache aber jetzt von der Unternehmensführung mit der Forderung gekoppelt wird, die China-Politik der Bundesregierung müsse so aussehen, als sei jeder die BASF. Das ist wiederum ein ziemliches Problem," kritisiert Bütikofer.

BASF eröffnet Chemetall Innovation and Technology Center für Oberflächentechnik in China (Foto: Pressestelle, BASF )
Gerade Ende Oktober hatte BASF ein Innovations- und Technologiezentrum für angewandte Oberflächentechnik in Schanghai eröffnet.

Kritik: Scheitern Konzerne in China, sollten keine Steuergelder fließen

Kritisch sieht der Europapolitiker auch, dass der Bund Ausfallgarantien für Investionsverluste der Konzerne übernommen hat - zehn Millionen Euro. Das Geld müsste beispielsweise fließen, wenn sich die Situation zwischen China und Taiwan zuspitzen sollte und Deutschland wirtschaftliche Sanktionen verhängen würde. Keine gute Sache, wenn Steuergelder dafür herhalten müssten, findet Bütikofer und fordert:

"Diese Risiken müssen von den Unternehmen getragen werden. Da kann man nicht sagen, dass zahlt letztendlich die Steuerzahler*in."

Wenn Unternehmen Risiken für die eigene Selbständigkeit tragen, die auch politische Risiken für das ganze Land mit sich brächten, müssten die Unternehmen diese Risiken auch in den Preis ihrer Produkte einrechnen. Denn man wisse ja, dass China in vielen Fällen wirtschaftliche Abhängigkeiten zur Waffe umgeschmiedet hat, beispielsweise gegenüber Japan, Korea, Australien, Litauen, Schweden, Tschechien und vielen anderen.

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EU-Politiker: Kanzler Scholz sollte bei der China-Politik zuhören lernen

Damit der Rückzug aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China gelingen könne, so Bütigofer, müsste Bundeskanzler "Scholz erst mal zuhören lernen in diesen Fragen, da wäre schon mal wieder viel gewonnen. Er glaubt, er weiß alles am besten. Und in der China-Politik ist das definitiv nicht der Fall."

Es sei aber keine Option, der Illusion hinterherzurennen, dass Deutschland alles wieder selbst produziere, das unter dem Begriff "Reshoring" bekannt sei. Stattdessen halte er mehr vom "Friendshoring", also davon, dass Deutschland und die deutsche Wirtschaft, sich sich mit Ländern zusammentue, mit denen man gemeinsame Grundüberzeugungen teile. Zum Beispiel die gemeinsame Überzeugung, dass die internationale Herrschaft des Rechts und der Demokratie gelten solle, appelliert der aus Speyer stammende Politiker. "Mit denen zusammenzuarbeiten ist allemal besser, als sich von einem immer diktatorischer werdenden totalitären Parteikaiser in China abhängig zu machen." 

Bütikofer: Politik sollte Wirtschaft bei "Abnabelung" von China helfen

Ein Mannheimer Professor habe vorgeschlagen, künftig Zölle auf Produkte aus China zu erheben. Bütigofer ist sich nicht sicher, ob das er richtige Weg ist. Für ihn ist aber klar: Die Zeit sei vorbei in der man in China einfach schöne Geschäfte mache, gut verdiene, ohne an Abhängigkeiten denken zu müssen. 

Das bedeute aber nicht, dass die großen Konzerne wie BASF, Daimler, Siemens, VW oder BMW von heute auf morgen aus dem Chinageschäft aussteigen sollen und können. Das sei ein langwieriger Prozess, so der Asienexperte. Die Politik müsse da für die Unternehmen Hilfestellungen geben, sagt er. Die Japaner hätten zum Beispiel vor einigen Jahren angefangen im Medizinbereich, in dem total von chinesischen Lieferungen abhängig waren, kleine und mittlere Unternehmen zu subventionieren, wenn die auch außerhalb Chinas neue Produktionsstandorte aufbauten, etwa direkt in Japan oder in Südostasien.

Das sei eine vernünftige Herangehensweise, auch für Deutschland. Hier werde unterschätzt, welche Bedeutung der afrikanische Kontinent in den nächsten 30, 40 Jahren haben werde. Und selbst in Asien werde die Wirtschaftsleistung 2040 in Indien, Japan und Indonesien zusammen größer sein als in China. "Das heißt, was im Moment alternativlos erscheint, wird in Zukunft nicht alternativlos bleiben", so Bütikofer.

Forderung: Wichtige Rohstoffe nicht weiter in China fertigen lassen

Besonders drastisch sei die Abhängigkeit von China bei den berühmten seltenen Erden, also bei Metallen, die in der Elektroindustrie, beim Bau von Windkraft- und Solaranlagen, aber auch in der Raumfahrt- und Rüstungsindustrie dringend gebraucht werden. Diese Rohstoffe seien aber eigentlich gar nicht selten, so er EU-Politiker. Die gebe es fast überall auf der Welt. Dennoch habe Deutschland zugelassen, dass diese wichtigen Industrierohstoffe zu 90 Prozent in China verarbeitet würden.

Warum helfe Deutschland nicht den Ländern, die solche seltenen Erden haben, wie Malaysia oder Namibia, selbst eine Verarbeitungsindustrie aufzubauen, statt sie nach China zu verkaufen und damit zu ermöglichen, dass China daraus "einen Würgegriff gegen unsere Wirtschaft" mache, fragt der EU-Politiker.

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