Ein leeres Gleis und ein leerer Bahnsteig auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

50 Stunden lang sollen auch Züge in BW stillstehen

Eilantrag: Deutsche Bahn will Warnstreik stoppen

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Ab Sonntagabend will die EVG den Bahnverkehr in Deutschland für 50 Stunden bestreiken. Die deutsche Bahn zieht deshalb vor Gericht und will den Warnstreik in letzter Minute verhindern.

Mit einem 50-stündigen Warnstreik will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Bahnverkehr in Baden-Württemberg und dem gesamten Bundesgebiet ab Sonntagabend weitgehend lahmlegen. Die Deutsche Bahn (DB) geht nun juristisch dagegen vor und hat beim Arbeitsgericht Frankfurt einen Eilantrag eingereicht, um den Warnstreik doch noch zu stoppen. Dieser Schritt sei im Interesse der Kundinnen und Kunden jetzt geboten, teilte der Staatskonzern am Samstag mit. Obwohl die DB über zehn Prozent Lohnerhöhung angeboten habe, die zentrale Vorbedingung der EVG erfüllt und sich auf die Gewerkschaft zubewegt habe, wolle die EVG über zwei Tage lang streiken. "Das ist unverhältnismäßig und schädigt Kunden sowie unbeteiligte Dritte." Die Verhandlung beginnt den Angaben zufolge am Samstag um 12 Uhr.

Sollte die Bahn mit ihrem Eilantrag erfolglos bleiben und der Warnstreik wie geplant stattfinden, müssen sich vor allem einige Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg etwas einfallen lassen. Die Abschlussprüfungen im Fach Deutsch, die am Montag an Haupt-, Werkreal- und Realschulen in Baden-Württemberg angesetzt sind, sollen laut Kultusministerium nämlich trotz des Streiks stattfinden.

Letzte Gespräche zwischen Bahn und EVG blieben erfolglos

Von Sonntag 22 Uhr bis Dienstagnacht um 24 Uhr soll im Fern-, Regional- und Güterverkehr auf der Schiene nichts mehr gehen, wie die EVG am Donnerstag mitteilte. Am Donnerstagabend haben die Bahn und EVG weiter verhandelt, um einen möglichen Streik abzuwenden. Wie die Gewerkschaft am Freitag mitteilte, blieben die Verhandlungen ohne Einigung. Ein Ultimatum der EVG für ein neues Tarifangebot der Deutschen Bahn sei am Freitagmittag ohne erkennbare Annäherung abgelaufen.

Abschlussprüfungen in BW finden trotz des Streiks statt

In Baden-Württemberg finden die Abschlussprüfungen an Haupt-, Werkreal- und Realschulen am Montag trotz des Warnstreiks bei der Bahn statt. Die Arbeiten, die mit dem Fach Deutsch beginnen, werden laut Kultusministerium nicht verschoben. Das Kultusministerium argumentiert mit der Schulpflicht. Die gelte auch bei einem Streik im öffentlichen Nahverkehr. Allerdings könnten die Schulen selbst entscheiden, Schülerinnen und Schüler vom Unterricht zu befreien, sollte ihnen der Schulweg wegen des Streiks nicht zuzumuten sein.

In dem Fall und wenn Schülerinnen und Schüler zu spät zur Prüfung kommen, verweist das Ministerium auf den Nachholtermin im Fach Deutsch Mitte Juni. Trotzdem gebe es für das Zu-Spät-Kommen zu den Prüfungen eine Toleranzgrenze von etwa 30 Minuten. Wird diese Grenze nicht überschritten, darf die Prüfung laut Ministerium noch mitgeschrieben werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt grundsätzlich Verständnis dafür, dass die Abschlussprüfungen für die rund 46.000 betroffenen Schülerinnen und Schüler nicht verschoben werden. Die GEW-Vorsitzende Monika Stein fände allerdings zwei Nachholtermine besser. Denn so gäbe es immerhin noch einen zweiten Sicherheitstermin, sollten es Schülerinnen und Schüler am Montag nicht rechtzeitig in die Schule schaffen und beim ersten Nachholtermin krank sein, sagte Stein dem SWR.

Verhandlungen am Donnerstagabend ohne Einigung

Am Donnerstagabend appellierte die Deutsche Bahn an die Gewerkschaft EVG, den angekündigten Warnstreik abzusagen. Personalvorstand der DB, Martin Seiler, sagte, das Unternehmen habe bei Verhandlungen am Abend wesentliche Lohnforderungen der EVG erfüllt - nämlich die Abbildung des Mindestlohns auf einer Basis von 12 Euro zuzüglich einer Entgelterhöhung.

Die Eisenbahner-Gewerkschaft EVG widersprach dem. "Wir haben die Bahn zwar zu Gesprächen gebracht. Aber als der Schlüssel zur Lösung schon auf dem Tisch lag, hat sie einen Rückzieher gemacht", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch der Nachrichtenagentur Reuters. Das Angebot der Bahn sei ein "Scheinangebot." 

Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an. Genauso ist der Güterverkehr betroffen. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz, so die Bahn.

Der Personalvorstand der DB, Martin Seiler, kritisierte den angekündigten Arbeitskampf am Donnerstag als "irrsinnig" und "restlos überzogen".

"Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung."

Auch landeseigene SWEG vom Streik betroffen

Während des Streiks würden viele Strecken nicht befahrbar sein - das hat auch die landeseigene Südwestdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SWEG) auf ihrer Internetseite angekündigt. Die SWEG betreibt in Baden-Württemberg viele Nahverkehrsverbindungen, unter anderem im Großraum Stuttgart, Heilbronn-Franken, Ulm und Freiburg.

Zwar hat die SWEG für ihre Mitarbeitenden bereits Tarifabschlüsse erzielt, doch wie bei vergangenen Streikaktionen könnten die EVG-Mitglieder auch die Stellwerke lahmlegen - und ohne diese Infrastruktur können die Züge der SWEG nicht fahren. Für die Region Ulm geht die SWEG davon aus, dass Sonntagabend bis Mittwochmorgen in der Region kein Zug fährt, da die Stellwerke vermutlich nicht besetzt sind. Das haben Unternehmensprecher dem SWR bestätigt. Die Fahrgäste sollten ihre Reisen so planen, dass sie am Sonntag spätestens um 22 Uhr ihr Ziel erreichen.

Auch im Busverkehr könne es am Montag und Dienstag Ausfälle geben. In Ulm beispielsweise fallen die Linien 9, 13 und 14 aus. Auch betroffen sind weitere Buslinien, die von der Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH (RAB) betrieben werden. Im Ostalbkreis fallen einige Verbindungen der RBS aus. Die Albtal-Verkehrs-GmbH (AVG) aus Karlsruhe mit Verbindungen bis über Heilbronn hinaus rechnet ebenfalls mit Zugausfällen. Lediglich im Heilbronner Stadtverkehr soll es Fahrten im Halbstundentakt geben.

Zusätzlich zum Streik der EVG hat hat die Gewerkschaft ver.di einen Warnstreik im privaten Omnibusverkehr bei den Unternehmen Spillmann, Ludwigsburger Verkehrslinien (LVL) und Württembergische Bus-Gesellschaft (WBG) angekündigt. Zwischen Freitag und Dienstag kann es hier zu Ausfällen kommen.

Zugausfälle auf der Brenzbahn zwischen Ulm und Aalen und der Donaubahn zwischen Ulm und Ehingen dauern länger als geplant (Foto: SWR)
Auch die Landeseigene Verkehrsgesellschaft SWEG wird von den Streiks betroffen sein.

Dritter bundesweiter Warnstreik im Bahnverkehr

"Gerade bei einem 50-stündigen Streik ist das natürlich sehr ärgerlich für die Fahrgäste", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag in Köln. "Aber wir müssen in dieser Länge streiken, weil wir dann einfach auch stärkere wirtschaftliche Auswirkungen haben und dadurch den Druck erhöhen können." Insbesondere im Güterverkehr würden lange Staus entstehen, die den wirtschaftlichen Druck erhöhten.

Es ist bereits der dritte bundesweite Warnstreik, von dem Pendlerinnen und Pendler sowie Reisende im laufenden Tarifkonflikt betroffen sind. Im März legte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm.

Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle. Im Fernverkehr gab es bundesweit auch lange nach Streikende um 11 Uhr noch erhebliche Probleme.

Bahn will sich am öffentlichen Dienst orientieren

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Die DB will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde. Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden.

Mindestlohn als Knackpunkt

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern.

Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die zwölf Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.

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